Der Tex­ter in der KLITSCH.K.O.-Show.

Aus ver­schie­de­nen Grün­den ist der Wer­be­tex­ter in den Besitz eines „VIP-Tickets“ für den Kampf Wla­di­mir Klisch­ko vs. Eddi Cham­bers gekom­men. Für die „KLITSCH.K.O.-Show“, so der offi­zi­el­le Titel. Allen, die nicht wis­sen, was ein VIP-Ticket ist, sei gesagt: vor allem sau­teu­er. Ein Erfah­rungs­be­richt aus ers­ter Hand.

Vitali Klitschko vs. Chambers
Ich zähl‘ bis 10, dann box ich.

Par­ken Sie ein­fach hier. Macht 5 Euro.“

Auf mei­nem VIP-Ticket steht „inklu­si­ve Gebüh­ren“.

Ein Feh­ler der Ver­an­stal­ter.“ ent­geg­net die Park­wäch­te­rin, wahr­schein­lich schon zum vier­hun­derts­ten Mal an die­sem Tag.

Auch egal, den­ke ich, zah­le und mache mich fro­hen Mutes auf den Weg zur ESPRIT-Are­na. Und schon geht’s los: durch das top exklu­si­ve hier-darf-nicht-jeder-rein-VIP-Gat­ter, ein­rei­hen in die lan­ge Schlan­ge derer, die an einem schmuck­lo­sen ich-war-frü­her-Teil-einer-Bahn­kan­ti­ne-Ein­gang dar­auf war­ten, ein­zeln ein­zu­che­cken und ein grau­es Bänd­chen ans Hand­ge­lenk getackert zu bekom­men.

Rus­sen­dis­ko.

Dann sind wir end­lich drin. Gedämpf­tes Licht umfängt uns. Eine kom­plet­te Mes­se­hal­le auf kusche­li­ge Lounge zu trim­men ist sicher nicht ein­fach, in die­sem Fall aber gut gelun­gen.

Anspre­chend gestal­te­te Berei­che, rie­si­ge Blu­men­en­sem­bles und jede Men­ge bild­schö­ner Pro­mo­ti­on-Damen, die viel Haut zei­gen. Man könn­te auch sagen: Sie tra­gen Klei­der, in denen sie unbe­klei­de­ter aus­se­hen, als es ohne Klei­dung mög­lich ist. Dar­un­ter auch etli­che Mäd­chen mit ost­eu­ro­päi­schem Akzent, pas­send zum Publi­kum, das zu einem nicht klei­nen Teil aus Milieu-Akteu­ren besteht. Zur Begrü­ßung wird ein halb­to­ter Sekt gereicht, der noch län­ger gestan­den hat als wir.

Köche in der ESPRIT-Arena

Bison­fleisch? Wie schmeckt das?“

Lecker. Die sind des­halb sogar aus­ge­stor­ben!“

Ich neh­me zwei Stück Aus­ge­stor­be­nes und set­ze mich zu mei­nen Leu­ten.

Nur nah dran statt mit­ten­drin.

Etwa eine Stun­de spä­ter: Nach­dem wir die zugi­gen, füh­rer­bun­ker­ar­ti­gen Stol­len hin­ter uns gebracht haben, errei­chen wir schließ­lich den Innen­raum. Der Anblick, der sich uns bie­tet, ist ziem­lich gigan­tisch: Die ESPRIT-Are­na ist bis unters Dach aus­ver­kauft. Wir neh­men unse­re Plät­ze ein – hin­ter einer Abtren­nung. Nah dran, aber so nah auch wie­der nicht. Der Bereich vor uns ist für Foto­gra­fen, Kame­ra­teams und Pro­mis reser­viert.

Quatsch, Pro­mis…, ich den­ke, wir sit­zen Rei­he 2?!“

Ist ja auch Rei­he 2. Näm­lich die zwei­te Rei­he hin­ter Rei­he drei!“

Wir neh­men auf VIP-Cam­ping-Stühl­chen Platz und las­sen die unin­ter­es­san­ten Vor­kämp­fe an uns vor­über zie­hen. Als ein dicker Blon­der in der ers­ten Run­de von einem Schwar­zen aus­ge­knockt wird, säu­selt der Sta­di­on­spre­cher:

Das ist, als wür­de For­tu­na in der 59. Sekun­de gegen den 1. FC Köln das ent­schei­den­de Tor schie­ßen…“

Die Men­ge ver­sucht bei der Erwäh­nung ihres Lieb­lings­ver­eins ein wenig in Wal­lung zu gera­ten, fin­det den Anlass aber dann wohl doch zu läp­pisch und lässt es wie­der blei­ben.

Marius Müller Westernhagen

Wes­tern­ha­gen vs. Cam­pi­no.

Ankün­di­gung des ers­ten Stars des Abends, Mari­us Mül­ler-Wes­tern­ha­gen. Der „Sohn Düs­sel­dorfs“ wird von einem lau­ten aber indif­fe­ren­ten Publi­kums­ge­räusch emp­fan­gen. Unein­ge­schränk­te Begeis­te­rung klingt anders. Wie bei Cam­pi­no bei­spiels­wei­se, des­sen blo­ße Erwäh­nung („ist auch hier“) die Hal­le kom­plett aus­flip­pen und 50.000 Keh­len ent­fes­selt jubeln lässt. Der Wer­be­tex­ter, ein Sohn Mann­heims, fin­det das unfair, zumal Wes­tern­ha­gen defi­ni­tiv die bes­se­re Band hat.

Die Musi­ker sind sogar so gut, dass sie nicht ein­mal die mit­ge­brach­ten Instru­men­te anschlie­ßen müs­sen um zu klin­gen wie von CD. Kaum sind die aus­ge­schal­te­ten Ver­stär­ker ab- und das Drum­kit auf­ge­stellt, don­nert es auch schon los: Irgend­ei­ne Num­mer, die dem Volk aus der See­le spre­chen will. Der Titel „Wir haben was in die Schnau­ze gekriegt“ (oder so ähn­lich) trifft auch prompt auf brei­ten Kon­sens bei der Mas­se. Ein gön­ner­haft freund­li­cher Applaus ist die Ant­wort.

Klitsch­kooooooooooooooooo!

Dann beginnt der egent­li­che Kampf. Ange­kün­digt von Sta­di­on-Legen­de Micha­el Buf­fer, der es schafft, mit einer klei­nen Ansa­ge eine rie­si­ge Hal­le zum Aus­ras­ten zu brin­gen.

Von Anfang an ein selt­sa­mes Duell: Eddi Cham­bers benimmt sich nicht wie ein Her­aus­for­de­rer, son­dern wie ein Clown. Hebt Klitsch­ko ein­mal hoch und tät­schelt ihm mit dem Hand­schuh den Hin­tern. Ein ande­res Mal wirft er ihn zu Boden. Sol­che Mätz­chen brin­gen Punkt­ab­zü­ge. Und Cham­bers vom Start weg in Rück­stand. So ver­hält sich nie­mand, der gewin­nen will.

Die KLITSCH.K.O-Show heißt nicht umsonst so.

Ist alles nur insze­niert? Es wird nicht bes­ser. Cham­bers bleibt fast durch­gän­gig in Deckung und ver­steckt sich hin­ter sei­nen Hand­schu­hen. Die meis­te Zeit wirkt er wie ein dickes Mäd­chen, das Ver­ste­cken spielt.

Ich zähl bis zehn, dann box ich!“ ätzt einer mei­ner Beglei­ter bei die­sem Anblick. Wir lachen, über­ste­hen noch ein paar Run­den und dann wird es plötz­lich inter­es­sant.

In Run­de 11 ist Klitsch­ko fast am Ende sei­ner Kraft. Er hat bis jetzt mäch­tig geackert und sei­ne Kon­di­ti­on lässt sicht­lich nach. Sein Atem geht schwer. Sei­ne Schlä­ge ver­feh­len mehr­fach ihr Ziel und besit­zen längst nicht mehr den Punch der Run­den zuvor. Cham­bers hin­ge­gen wirkt immer noch leicht­fü­ßig und weicht den schwer­fäl­li­gen Atta­cken des drei­fa­chen Welt­meis­ters blitz­schnell aus.

Dann, in der letz­ten Minu­te von Run­de 12, kurz vor dem Gong, schickt Klitsch­ko sei­nen Her­aus­for­de­rer zu Boden: Peng! Ein­fach so. Die Are­na tobt. Ich habe das Gefühl, Teil einer Dra­ma­tur­gie zu sein.

Die Klitsch.k.o.-Show hat ein Ende

VIPs: viel inkon­ti­nen­tes Publi­kum.

Zurück in der VIP-Lounge, tun sich mensch­li­che Abgrün­de auf.

Wenn sich ca. 3000 büf­fel­fleisch­ge­sät­tig­te VIPs zwei Mini­toi­let­ten mit jeweils 3 Geschäfts­stel­len tei­len sol­len, ergibt das ket­ten­wei­se kurio­se Situa­tio­nen.

Gibt’s hier noch ande­re Toi­let­ten? fra­ge ich einen der Ord­ner. „Ja, ganz vor­ne, aber die sind für die VIPs.“

Aber wir sind doch die VIPs!“.

Ja, ich mein‘, für die rich­ti­gen…  aber da kommt mein Chef, spre­chen Sie doch mal mit dem.“

Ich spre­che also mit einem gro­ßen, durch­trai­nier­ten Hünen in mitt­le­ren Jah­ren: „Sind das alle Toi­let­ten hier?“ Er schaut nach­denk­lich von oben auf mich her­ab: „Ja.“

Sie mei­nen, für all die Men­schen hier“, mei­ne Hand beschreibt einen gro­ßen, alle VIPs die­ser Welt ein­schlie­ßen­den Bogen, „gibt’s echt nur drei Kack-Kabi­nen?“ (Hey, wir sind beim Boxen, und der Tex­ter ist sau­er…!)

Er scheint zu über­le­gen. „Ja.“ Pau­se. Dann: „Ich ver­ste­he Sie.“

Es geht nichts über gut geschul­tes Sicher­heits­per­so­nal.

Aus­ge­VIPt.

Wir schlen­dern noch ein wenig durch die Hal­le und ent­de­cken am ande­ren Ende einen in geheim­nis­vol­les blau­es Licht getauch­ten Sperr­be­reich. Was da so läuft, möch­te ich von einem fein geklei­de­ten Kampf­sport­ler wis­sen.

Das ist die Area für die VIPs.“ erklärt er mir mit sanf­ter Stim­me. Stolz zei­ge ich ihm mein grau­es VIP-Bänd­chen. Er schüt­telt mil­de den Kopf. „Für den Zutritt hier brau­chen Sie ein schwar­zes.“ Ah, ver­stan­den. Dies ist die Oase der wirk­li­chen, ech­ten VIPs. Total ver­waist. Abso­lut leer.

Gede­mü­tigt ver­krü­meln wir uns zurück in den Bereich der Proll-VIPs, um RTL noch ein wenig als leben­de Staf­fa­ge für die Nach­be­rei­tung des Kampfs zu die­nen.

Es gibt also zwei Sor­ten von VIPs: sol­che, die Kar­ten haben, auf denen das Wört­chen VIP steht. Und sol­che, die sich von den Trot­teln mit den teue­ren Tickets den Abend bezah­len las­sen.

Geschieht uns ganz recht.“ den­ke ich, als ich nach­hau­se fah­ren will. Lei­der ist der Zugang zu P2 mitt­ler­wei­le geschlos­sen, so dass ich ein­mal von außen ums hal­be Mes­se­ge­län­de her­um­lat­schen muss. P1, der Park­platz für die Nicht-VIPs, wäre direkt gegen­über gewe­sen.

Die kom­men­de Drei­vier­tel­stun­de brin­ge ich damit zu, auf dem rie­si­gen, ver­schlamm­ten Gelän­de mein Auto zu suchen.

Team Büdecker

 

One thought on “Der Tex­ter in der KLITSCH.K.O.-Show.”

  • Wenn de den Bei­trag wie­der kürzt, schick ich Dir den ande­ren Klitsch­ko.… also, klei­ne Regel­kun­de:

    1. Die Anzahl der Wer­be­ein­blen­dun­gen steigt expo­nen­ti­ell zur Kampf­län­ge.

    2. Pro­fis schal­ten zur 12. Run­de ein, weil da das k.o. kommt und die Spots am teu­ers­ten sind. (1. und 2. soll­te Euch aber bekannt sein)

    3. Die ech­ten VIPs schau­en den Kampf auf Plas­ma­schir­men in klei­nen Super-VIP Loun­ges (mit ähn­li­cher Puff­be­leuch­tung wie in der Mes­se­hal­le). Dort gibt es das bes­se­re Essen, ech­ten Cham­pa­gner und bes­se­re Boxen­lu­der. Das war schon vor 22 Jah­ren so, als ich mal ein Davis­cup­ti­cket geschnorrt habe (dan­ke Coca-Cola!!!), da hat Boris B. die Dänen qua­si allei­ne aus­ge­knockt.

    4. Es gibt Ver­stär­ker mit klei­nen ein­ge­bau­ten Bat­te­ri­en, die den Ein­schal­ter beleuch­ten kön­nen, Herr. W.

    5. Valet Par­king: Dem fre­chen 5 Eurolüm­mel ein­fach den Schlüs­sel in die Hand drü­cken und sagen: „Wenn­de ‚nen Krat­zer rein­machst, gehört er Dir.“

    6. Lachs ist heu­te Büf­fel. Bei den Super VIPs gibt’s Thü­rin­ger.

    Ich bin ja oft auf mei­nem alten Kahn und wenn ich dann zwi­schen zwei nagel­neu­en geleas­ten 50-Füs­sern fest­ma­che, pros­te ich dem Pack auch schon mal ger­ne zu. Was immer gut kommt, ist: „Na, die­se Sai­son schon mal draus­sen gewe­sen?“ Stöss­chen.

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