„Liebe Kunden, Kollegen, Lieferanten,
vielen Dank für das irrsinnig erfolgreiche letzte Jahr! Wieder einmal ist es uns gelungen, den Umsatz um 350% zu steigern und einige der namhaftesten Kreativpreise abzustauben.
Zeit, auch einmal an diejenigen zu denken, denen es weniger gut geht als uns. Deshalb haben wir uns überlegt, in diesem Jahr keine Weihnachtsgeschenke zu verschicken, sondern das Geld dafür einer wohltätigen Organisation zu spenden, damit ein Not leidender afrikanischer Despot Stamm endlich die dringend benötigten Waffen Brunnen bekommt. Wir denken, dass dies auch in Ihrem Sinne ist, und wünschen ein frohes Fest sowie ein tolles 2009!“
Dass Weihnachten naht, merkt der mit Arbeit überhäufte Texter meist erst daran, dass sich plötzlich gruselige Texte dieser Art massenweise in seinem Briefkasten einfinden. Gruselig weil: Er kann sich nicht daran erinnern, jemals ein Weihnachtsgeschenk von einer Agentur erhalten zu haben. Ein Nichts also, das da in seinem Namen gespendet wurde. Außerdem spürt er genau die Perfidie dahinter: Wer wird schon böse, wenn Gutes getan wird oder trotzig rufen: „Ich will aber lieber mein Geschenk!“?
Mit leichter Wehmut denkt er an frühere Vorweihnachtszeiten zurück, als sich in Werbeagenturen noch Weinkisten und Fresspakete stapelten. Solche, die von Produktionen und Studios kamen. Und solche, die von den Agenturen an die Kunden gingen: Kisten und Körbe voller Leckereien, intern auch „Bestecherlies“ genannt.
Aus, vorbei, nie wieder!
Die großzügige Spende, so es sie denn gibt, ist deutlich billiger als die opulente Versorgung mit Luxus-Fressalien, die schnell mehrere tausend Euro verschlingt. Insofern macht sich gut sein doppelt bezahlt. Als Imagegewinn und als Cash, das auf dem Konto bleibt.
Ob es sehr pietätlos wäre, nach einer Spendenquittung zu fragen?