Immer wieder derselbe Disput mit den Großgrundbesitzern.
Zur Zeit seien Hypothekenkredite so billig, da müsse man doch einfach Immobilien kaufen, finden die. Und überhaupt, wer zur Miete wohne, werfe sein Geld nur dem Vermieter in den Rachen und damit aus dem Fenster. (Kluge, ernste Gesichter, ein Hauch von Mitleid in der Stimme, sofern das Gegenüber zur Miete wohnt.)
Der Texter, nicht gerade ein Genie in Finanzmathematik, hat jetzt einmal kurz nachgerechnet:
Um ein einigermaßen gutes Haus in Mönchengladbach (oder eine passable Wohnung in einer mittelguten Gegend in Düsseldorf) zu erwerben, muss man ca. 270.000 € aufbringen. Ein stolzes Sümmchen, an dem auch erfolgreiche Texter lange stricken.
Voll finanziert bei 4,3 % bedeutet dieser Riesenhaufen Mammon allein an Zinsen eine monatliche Grundbelastung von 967,50 €.
Ausziehen? – Ja, alles!
Bei Eigentumswohnungen kommt noch das Wohngeld von ca. 300 € obendrauf, so dass der stolze Immobilienbesitzer Monat für Monat rund 1300 € für seinen Traum vom eigenen Reich berappen muss – ohne auch nur einen Euro Hypothek getilgt zu haben. Das Geld ist futsch. Die Schulden bleiben.
Für 1300 € warm haust man selbst in Düsseldorfer Bestlagen recht komfortabel zur Miete. Das Geld ist zwar auch weg, man bleibt aber schuldenfrei und darf sein Vermögen, soweit vorhanden, behalten, statt sich „vor der Bank nackig zu machen“, wie es mein Freund der Textilmogul so niedlich ausdrückt.
Betongold an den Füßen macht jede Flucht unmöglich.
Als Mieter kann man auch einfach umziehen, wenn die Nachbarn plötzlich nerven und man muss sich auch nicht ärgern, weil das Viertel, in das man investiert hat, zum sozialen Brennpunkt wird.
(Merke: wilde Müllkippen vor der Tür und grobmotorische Graffitis an der Fassade mindern den Wert Ihrer Immobilie nachhaltig.)
Außerdem: Immo-Eigentum vernichtet.
„Eigentum verpflichtet.“ „Starke Schultern müssen mehr tragen.“ – An populistischen Parolen ist kein Mangel, wenn sich Staat / Gemeinde / Finanzamt am sauer Angesparten bedienen wollen.
Der Werbetexter meint: Hypotheken finanzieren keine Kapitalanlagen und schaffen erst recht keine „Werte für später“. Sie sind lediglich ordinäre Konsumentenkredite, die man jahrzehntelang abstottert.
Das dürfen Sie Immobilienbesitzern aber nie, nie, nie sagen. Sie werden sonst nicht wieder zum Gartenfest am eigenen Goldfischteich eingeladen. Das wäre schade. Denn mal abgesehen von gewissen Defiziten bei den Grundrechenarten und einer gewissen Blauäugigkeit in Sachen Zukunftsprognosen sind Immobilienfans häufig sehr nett und lieb.
Außerdem wohnen sie oft ganz schön.
Anderer Meinung? Her damit!
Frank Ammari says:
Einfach prima. Ich grübel ja an einer Wegwerf-Immobilie. Aus Verschleißbeton. Oder einer Mischung aus Edelrost-verstärktem Schimmelholz.
Übrigens: Ein Energiesparhaus kostet hier um die Ecke 300.000 Euro. Wohl gemerkt. Kein Passiv-Haus. Und in Düsseldorf? Frag nicht. Wenigstens nicht mich.
maiertext.de says:
Das ist eine super Idee! Während das Geld langsam inflationiert, löst sich auch das Haus auf. Nach 20 Jahren ist dann beides weg. Synchronbröseln.
Schlage „Synchronarchitektur“ als Trendbegriff für Dein Modell vor. :))
Laudi says:
also der frontal-bericht ist natürliche ein tolles beispiel für staatliche willkür und ich verstehe das schon seit jahren nicht.
aber wenn man immobilienkäufer mit mietern vergleicht, gewinnt rein rechnerisch immer der mieter. bei dieser rechnung wird aber unterstellt, dass der mieter die differenz zur monatlichen belastung des käufers spart. in wirklichkeit wird diese differenz aber konsumiert. damit steht am ende der immobilienkäufer besser da. der mieter hat aber auf jedenfall die flexibilität. 🙂
maiertext.de says:
Immer brav gespart, sich nie etwas gegönnt, stets nur Selbstgekochtes oder höchstens mal zum Griechen an der Ecke, zum Urlaub nach Antalya statt Italia… und dann nach 30 Jahren das:
http://www.welt.de/finanzen/immobilien/article3692183/Wohnungspreise-in-Deutschland-sinken-rasant.html
Besser dastehen sieht anders aus, findet der Werbetexter. 🙂
Arne says:
Das Frontal21 Beispiel beweist nur das auch auf den öffentlich rechtlichen Sendern kein seriöser Journalismus mehr geboten wird:
1. Fehler: Niemand kann zum Kauf gezwungen werden. Im Rahmen der öffentlichen Umlegung hat die Stadt dem Anlieger Pittak das Grundstück angeboten und ER HAT GEKAUFT!
2. Selbst dann gilt: 1. Strasse (€28.000,-) + 2. Strasse (€77.200)+ Kauf (€21.000) / 1370qm BAULAND = €92,- qm
Wie sagt Herr Pittak: Bei einem Verkauf der Hälfte der Flächen hat er erst alle Kosten drin.… (incl unnötigem Rechtsstreit und 15 JahreZinsen!)
Also hätte er in Bad Nenndorf rund € 300.000,- mit Baulandverkauf erzielen können.
Worüber beklagt er sich?
maiertext.de says:
300.000 €? Muss ja tolles Brachland gewesen sein! Wahrscheinlich Neverland und nicht nur ein unbebaubares Bahngrundstück mit toten Gleisen drauf. Und: Nix gegen Frontal21! – Das Grundstück wurde dem Mann „zugeschlagen“. Ablehnung nicht möglich.
Aber ich kenne derlei Unglauben schon von einem anderen Immo-Besitzer, der bis heute abstreitet, dass seine tolle Sparkasse jemals Kredite an Hedge-Fonds weiterverkauft hat. (Das wurde mittlerweile zwar unterbunden. Aber erst nachdem andere Häuslebauer ihre Immos los waren, obwohl sie ihre Kredite immer pünktlich bedient hatten.)
Naja. Jeder, wie er muss. Dieser Blog dient nur der Information und als Impulsgeber. Wer nicht gestört werden will, kuckt einfach weiter ZDF.
Arne says:
Ralf, ich bleibe dabei:
Eine öffenliche Umlegung ist ein streng normiertes Verfahren. Jeder einzelne Schritt der Massnahme ist per einspruch und ggf. Klage anfechtbar. Zu einem Kauf kann niemand gezwungen werden. Wenn er nicht gekauft hätte, hätte lediglich das Risiko bestanden das die Gemeinde /Stadt das Bauland veräussert hätte und hinter dem Hotel / der Gastronomie neue Immobilien entstanden wären. Dies ist aber äusserst unwahrscheinlich aufgrund des ungünstigen schnittes des Grundstücks. Also: Er hätte den kauf unterlassen sollen und dann wäre vermutlich garnix passiert. Ausserdem: Eine Normenkontrollklage gegeen die Umlegung (fallls überhaupt erforderlich) hätte nicht allzuviel gekostet. Der Streitwert zu Zeiten der Umlegung wäre ja lediglich der Kaufptreis (€21.000,-) gewesen.
Man darf einfach nicht alles glauben was im Fernsehen so behauptet wird.
maiertext.de says:
„Man darf einfach nicht alles glauben was im Fernsehen so behauptet wird.“
Und das mir. :))