Klar, dass im Informationszeitalter der Bedarf an Textern ständig steigt.
Dies spiegelt sich auch in der Flut an Job-Angeboten wider, die dem Werbetexter im Internet begegnen. Zum Beispiel dieses hier. Achtung, O-Ton:
„Hallo wir sind eine junge aufstrebende Agentur, die Texter sucht, die Lust haben zu schreiben.“
Texter, die Lust haben zu schreiben?
Das wäre doch vielleicht etwas für den Werbetexter, der gespannt weiter liest:
„Derzeit können wir zwischen 0,7 und 1 Cent netto pro Wort bezahlen. Manchmal auch mehr, aber das ist derzeit eher die Seltenheit. Meist bewegt es sich zwischen
0,8 und 1 Cent. Es brauchen sich keine Texter zu bewerben, denen das zu wenig ist. Anfang des Jahres starten wir wieder mit verschiedenen Projekten…“
So klingen Drohungen.
Das bedeutet, ein Text mit tausend Worten würde dem Texter max. 10 € einbringen und ein Claim durchschnittlicher Länge gar stolze 7 Cent!
So irre diese Job-Offerte auch ist, wirft sie doch ein erhellendes Licht auf die Werbe-Subkultur des Internet.
Liebe junge, aufstrebende „Agentur“,
in der echten Werbung werden Texter nicht pro Wort bezahlt, sondern nach Zeitaufwand bzw. Stundensatz. Auch sind einige wenige aber treffende, spannende, und zielgenaue Worte viel mehr wert (und oft auch viel mehr Arbeit) als große Textmengen. Deshalb macht eine Bezahlung pro Wort überhaupt keinen Sinn.
Was Ihr sucht, sind eben auch keine Texter, sondern nur irgendwelche Internetseitenvollschreib-Lemuren, die nebenbei „Tierfilme“ drehen und zweimal im Monat Blut spenden gehen müssen.
Das Problem: Der ahnungslose Unternehmer, der auf Euch reinfällt, wird unweigerlich am Stammtisch gescheiterter Existenzen enden und über einem Glas Wein aus dem Tetrapack Sätze raunen wie: „Ich hatte sogar mal eine Agentur…“
Stimmt natürlich nicht. Er hatte nie eine Agentur. Sondern nur eine „Agentur“.
(Dieser Text würde nach Euerem Vergütungsmodell 3,03 € kosten. Verwendet ihn gern nach Lust und Laune und schämt Euch was!)
Arne W. says:
„Aufstrebende Agentur“ oder doch eher Massencontentproduziererhaltung? Das klingt nach Fließbandarbeit wie in Chaplins „Modernen Zeiten“ – das Wort als Indikator zur Erfüllung der Quote. Ich freue mich schon auf das nächste Mal Stellenanzeigenlesen. Danke für diese düsteren Einsichten. (Kosten für diesen Kommentar: ca. 0,32 € – netto immerhin)