Rrrrring!
Gerade rief mich ein befreundeter Musikproduzent und Studiobesitzer an, der sein neues Tonstudio bewerben möchte. Eine Internetseite soll her. Plus ein Flyer für die wichtigen Leute der Branche.
Jetzt ist das passiert, was Werbe-Amateuren immer passiert: Ein paar Bekannte haben sich bereit erklärt, die Website und den Flyer für ihn „zu machen“. Für ganz wenig Geld. Und leider auch mit ganz wenig Ahnung von Unternehmenskommunikation.
Er schickt mir also einen Text-Entwurf und bittet mich um meine professionelle Meinung. Dies stellt mich prompt vor eine grundlegende Frage der menschlichen Existenz:
(Schwere Orgelakkorde, Nebel ziehen auf…)
Wie sagt man einem Freund, dass er sich sein eigenes Grab schaufelt, ohne ihm zu nahe zu treten?
Darf man überhaupt eine professionelle Meinung zu Laienarbeit haben?
Das Verrückte daran: Dieser Mensch hat bereits für internationale Größen der Pop-Branche gearbeitet. Etliche Produktionen aus seinem vorherigen Studio waren Mega-Hits. Ein Profi durch und durch. – Aber ein völliger Blindfisch in Sachen Selbstvermarktung.
Da ist er leider nicht allein.
Tipp Nr. 1: Freunde fragen!
Lassen Sie Ihre Websites und Flyer von Freunden, vom Schwiegervater oder gleich von Ihrem schlimmsten Feind gestalten. – Das Ergebnis ist in etwa dasselbe, nämlich geschäftsschädigend.
Tipp Nr. 2 Verzichten Sie auf eine vernünftige Budgetplanung, setzen Sie auf Gratis-Angebote!
Da Freunde quasi umsonst arbeiten, ist es äußerst schwierig, Kritik an deren Arbeit zu formulieren. „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“. Bis zu einem gewissen Punkt kann zwar verschlimmbessert werden. Aber dann ist Schluss. Die Folgen: keine Flyer, keine Website. Und die Freunde sind auch weg. – Ist das schlecht?
Tipp Nr. 3: Vermeiden Sie Kampagnen. Schaffen Sie Baustellen!
Ein Internetseite hier, ein Flyer da und eine Kleinanzeige im kostenlosen Szeneblättchen: Achten Sie darauf, dass weder optisch noch inhaltlich irgendwelche Zusammenhänge bestehen. Vermeiden Sie Durchgängigkeit und Wiedererkennbarkeit. Das schaffen Sie, indem Sie einfach alles selbst texten und gestalten. Oder Sie lassen das von möglichst vielen verschiedenen Freunden erledigen, die aber – wichtig! – nichts voneinander wissen dürfen.
Gehen Sie außerdem davon aus, dass erfolgreiche Werbung immer von unterzuckerten Freigeistern und Low-Budget-Künstlern geschaffen wird – und keinesfalls von hart arbeitenden, vernünftig bezahlten Profis, wie Sie selbst einer sind. Dann wird’s schon schief gehen.
Versprochen!